Vorteige – Der „Pouliche“

Der Pouliche (oder Poolish) (Sprich: Polisch) ist mein Lieblings Vorteig. Das liegt daran, dass er leicht herzustellen ist und das er so einen witzigen Namen hat: Polnische Suppe. Denn dieser Vorteig wurde das erste mal 1840 in Polen erwähnt. Über die Wiener Bäcker kam der Pouliche nach Frankreich.

Pouliche wird verwendet für Gebäcke, die eine zartsplittrige knusprige Kruste haben sollen. Durch die gebildete Milchsäure erhält das Gebäck eine markante Geschmacksnote. Wenn man das weiß, versteht man auch wieso Pouliche hauptsächlich für Baguette eingesetzt wird.

Das deutsche Baguette wird heute vielfach mit Vormischungen oder Backmitteln hergestellt. Dabei reicht die Mischung von 1% bis 100% des Mehlanteils. Manche Bäcker nehmen sogar einfach nur Brötchenteig. Bevor ich zu slow baking kam, habe ich auch Fertigmehl genommen. Als ich „mein“ jetziges Baguette gelernt habe, staunte ich nicht schlecht, wieviel „Stand“ der Teig hat und wieviel Volumen das Baguette ohne jegliches Backmittel bekommt. Und der Geschmack ist in keiner Weise zu vergleichen. Der Pouliche ist eben ein hervorragendes „Backmittel“

Man kann (richtiges) Baguette mit Pouliche oder mit Levian- einem Weizensauer- herstellen. Beide Methoden werden heute noch in Frankreich angewendet. Ich vermute mal, die Diskussion unter den französischen Bäckern wird genauso „heftig“ geführt wie in Deutschland die Verwendung verschiedener Sauerteig Führungen.

Wie bei allen Vorteigen mit Weizenmehl kann man 10-50% der gesamten Mehlmenge verwenden. Je nachdem welches Ergebnis man erzielen möchte, wie intensiv der Geschmack sein soll und wie lang die Teigruhe (des Hauptteiges) ist.

Man rührt die gewünschte Mehlmenge mit der gleichen Menge Wasser (also 1:1) und 1% Hefe Klumpen frei in einer Schüssel an. Das kann man mit einen Kochlöffel oder mit der Hand machen, man braucht keinen Kneter und es geht „Ruck Zuck“ Dann lässt man den Pouliche 2 Stunden im Raum garen und anschließend im Kühlschrank reifen. Insgesamt mindestens 20 Stunden. Dabei nimmt er das dreifache an Volumen zu und bildet viele Blasen an der Oberfläche.

Ich nehme für mein Baguette 30% Vorteigmehl. An den Teig mache ich noch etwas Backmalz. Ich knete den Teig nicht in einen Brötchenkneter, sondern in einen Brotkneter. Das heißt: Nicht intensiv sondern lange. Fast eine halbe Stunde. Erst nach 20 min mache ich die Hefe und das Salz an den Teig. Das fördert eine grobe Porung. Pouliche macht eine feinere, gleichmäßigere Porung als Weizensauer, deshalb dieser technologische „Trick“. Dann steht der Teig 3 Stunden bei Raumtemperatur. Die Teigstücke werden maschinell abgewogen, dann bekommen sie etwas Ruhe und dann werden sie lang gemacht und garen noch mal 30 min. Leider machen wir die Baguette mit der Maschine lang und nicht mit der Hand, (wegen der Stückzahl) deshalb wird die Porung etwas feiner. Wobei viele Kunden gar keine grobe Porung wünschen, wegen der Butter 😦

Ganz wichtig ist, das die Teigstücke eine schöne Haut bilden, sonst reisen sie nicht auf. Aus Rationalisierungs- Gründen werden Baguette heute vielfach (selbst in Frankreich) auf Lochblechen und im Umluftofen gebacken. (sieht man an den „Pickeln“ am Boden). Das ist nach den slow baking Regeln verboten. Deshalb backe ich die Baguette im Steinofen.

Sie werden aber nur halbgebacken und dann im Laden fertig gebacken. Denn bei aller Mühe: nach 4 Stunden geht ein Großteil des Geschmacks verloren.

Der Ofen muss schön heiß sein (240°C), das sehr scharfe Messer muss fast waagerecht gehalten werden um nicht die Gare „raus zu schneiden“. Dann bei fallender Hitze 30 min ausbacken.

Nach dem Backen nimmt Bäcker Süpke, wie seine französischen Kollegen, ein scharfes Sägemesser, schneidet das Baguette der Länge nach durch und klappt es auf. Hat es eine schöne grobe Porung, blickt er, wie seine französischen Kollegen dankbar zu Himmel….

37 Antworten

  1. Wieder mal sehr interessant zu lesen! Das mit dem Kühlschrank werde ich beherzigen für die Heimbäckerei. Ich habe auch schon Brote mit Poulice gebachen, mit mäßigem Erfolg allerdings. Werde jetzt doch noch mal mein Glück versuchen. (Meine Brote hatte einen sehr starken „gärigen“ Geschmack, bei 30% der Mehlmenge im Pouliche, und eine glasige trockene Krume.)

    Grüße,
    Nils

  2. …..ja wieder was dazu gelernt, sehr interessant, weiter so.

    LG
    Marlene

  3. Ich habe die Pouliche bisher bei 25° 12 Stunden gehen lassen, dann den Teig bei 5° 12 Std im Kühlschrank gehen lassen.
    Werde es jetzt mal nach Deiner Methode ausprobieren.

  4. schreib mir, wie das Ergebnis war!

  5. hi baeckersuepke,
    habe jetzt die Pouliche nach Deinem Rezept gemacht.

    Am Geschmack konnte ich leider keinen Unterschied feststellen.

    Sicherlich führen mehrere Wege nach Rom.

  6. Vorher hast Du ja auch Pouliche gemacht. wenn Du anderen Geschmack willst, probier doch mal Baguette mit Weizensauer…

  7. Hab ich auch schon gemacht. War nicht so der Bringer.
    Ich möchte noch mehr Geschmack rauskitzeln.
    Beim nächsten Mal werde ich 50 % der Mehlmenge als Pouliche ansetzen.
    Bisher habe ich nur 33% genommen.
    Was hälst Du von der Mischung 45% Weizenmehl 550, 45 % Dinkelmehl 630, 10 % Roggenmehl 1150?
    Das ist bisher meine Standardmischung.

    • französische Baguettes sind meistens aus 100% Weizenmehl.ein guter Effekt gibt Weizenmehl Typ 450 dem Bohnenmehl zugesetzt wird.
      Klasse Struktur !

  8. Das ist Geschmackssache. Die 10% Roggenmehl machen auch jeden Fall ein schön kräftiges Baguette. Ich habe selbst nóch nicht probiert die Hälfte Dinkelmehl zu nehmen. Wenn dann nur 100% Dinkel.
    Du kannst ja auch mal probieren die Hälfte des Roggenmehls als Roggensauer einzusetzen. den Pouliche nimmst Du natürlich trotzdem…
    Zuviel Pouliche hast du eigentlich nur dann, wenn es Dir zu sehr nach Hefe vorschmeckt.

  9. […] Veröffentlicht August 23, 2008 Nicht kategorisiert Ketex hat mich mit seinem Kommentar auf die Idee gebracht, mal ein Baguette mit Weizensauer in den Blog zu […]

  10. Hallo zusammen.

    Momentan verwende ich ungefähr NUR! noch 2/3 des Gesamtteigs als Vorteig (24h im Kühlschrank).
    Ich habe aber auch schon 100% als Vorteig verwendet (und vor der Gare dann nur noch Salz, BBM und die Resthefe untergeknetet), was bei einem 24h Vorteig klar das beste Geschmacksergebnis gebracht hat. Der Geschmack des Brotes wahr während der ersten 18 – 24h sehr intensiv und wirklich traumhaft.
    Leider war der Nachteil der, dass sich der Geschmack der Krume nach ungefähr 18 – 24h immer mehr in den zurückverwandelt hat, den der Pouliche hatte, als ich ihn aus dem Kühlschrank genommen und den Deckel angehoben hatte. Zement und Alkohol. Da haut es einen fast um! 🙂
    Ich muss noch erwähnen, dass ich mit Absicht etwas Emmerschrot, etwas Roggen und etwas VK-Mehl (jeweils 20g auf insgesamt 420g Mehl, dann hauptsächlich 550er, aber auch 1/4 Ruchmehl (1050er)) in den Vorteig mache, um Geschmackssteigerungen zu haben, was auch klar der Fall ist.
    Würde ich den Vorteig nur aus dem 550er machen, würde eine weit weniger blumige Geschmacksnote entstehen.

    Gruss Schwede

  11. Übrigens habe ich mir noch Gedanken darüber gemacht:
    Was würde passieren, wenn ich bereits in den 24h Vorteig etwas BBM (z.B. 2 von den 9g BBM, und dafür nur 2g Hefe anstatt 3g) machen würde? Das BBM enthält u.a. Ascorbinsäure und Sauermolkenpulver.

    Wirkt sich sich das in irgend einer Weise auf die Gare des Vorteigs aus?
    Ich frage deshalb, weil du oben geschrieben hast, dass Säure im Vorteig Auswirkungen hat.

    Gruss Schwede

  12. Die Ascorbinsäure stärkt den Kleber. Also würde der Vorteig einen extremen Stand haben. Das würde nicht stören. Das Sauermolkenpulver könnte zu einer Säurebildung führen und dann hättest Du einen Weizensauer. Wenn es richtig säuert, ist dann der Vorteig viel zu viel und das Brot könnte ungenießbar werden.

  13. Denkst du, dass 1g von dem BBM auch schon so fatale Auswirkungen hätte?
    Sauerteig mag ich übrigens gar nicht.

    Gruss Schwede

  14. Auf wieviel Mehl? Es wird auf jeden Fall Sauer werden!
    Ich bin beim Brot ganz weg von so was! Und es fühlt sich gut an!

  15. Weg von sauer???
    Da kannste mal sehen, wie verschieden die Geschmäcker sind.

    Ich gebe auf 410g Mehl insgesamt 6g BBM und 3g Gerstenmalz rein.
    Aber bis jetzt immer vor dem Kneten. Jetzt plane ich eben wegen der Säure 1g in den Vorteig zu machen.
    Du schreibst eben oben von Weizensauer der dem Brot mehr Stand gibt. Ich dachte ich könnte ähnliches damit erreichen, in dem ich 1g BBM in den Vorteig mache. Funktioniert das theoretisch oder ist das etwas anderes? Ich hatte schon Weizensauer da, und habe das Packet nach der Probe komplett entsorgt. Ich mag eben Sauerteig nicht. Ich rieche ihn auch aus jedem Gebäck heraus.
    Vor einiger Zeit habe ich endlich einmal herausgefunden (arbeite in der Schweiz) warum mir das schweizer Ruckbrot nicht schmeckt. Es ist eines der wenigen Brote, das mit Sauerteig hergestellt wird. Das zeiht sich eben bei mir konsequent durch. Ich finde, dass Säure nichts mit Sonne und Korn zu tun hat.
    Aber egal, ich würde eben gerne ob dieses Gramm BBM meinem Teig und dessen Geschmack wirklich massiv schaden kann, wie du schreibst.
    Bin gespannt.

    Gruss Schwede

  16. Schweizer Ruchbrot meine ich natürlich. Oh Mann…

  17. weg vom BBM usw. Was soll Ascorbinsäure im Brot?
    Aber versuchs doch einfach!

  18. Wie?
    Du hast doch selbst oben geschrieben, dass Ascorbinsäure den Kleber stärkt. Bin jetzt etwas irritiert, weil du fragst, was Ascorbinsäure im Brot soll.

    Vielleicht versuch ich es einfach mal, dann mit nur 2g Hefe oder noch weniger im Vorteig. Jedenfalls weiss ich jetzt, durch deine Beschreibungen, dass wenn das Brot aufgeht, und sich im Laufe der Ofengare wieder auf unter der Stückgare zusammenzieht, sich zu viel Säure im Brotteig befindet, wenn ich das alles richtig verstanden habe.

    Schaunwermal.

    Gruss Schwede

  19. Holla,

    das hätte ich jetzt nicht gedacht. Leider ist wirklich wegen der Zugabe von 0,5g BBM eine Art Sauerteig daraus geworden (habe ich schon gerochen, als ich die Klarsichtfolie angelupft hatte), der sich extrem schlecht kneten liess, weil er völlig klebrig war. So eine zähe und klebrige Pampe habe ich bis anhin noch nicht gesehen.
    Ich knete seit kurzem mittlerweile fast 30 Min (glaube das kommt von hier) mit 15 Min Pause, und der Teig mit dem dem BBM-Vorteig war so klebrig, dass ich die grössten Mühen hate, selbst mit heissem Wasser die Schüssel wieder sauber zu bekommen. Und selbst als ich die Schüssel sauber hatte, lagen die Kleberfetzen als ganzes im Abwaschbecken herum. Der „Mist“ hat sich einfach nicht zersetzt. So etwas habe ich noch nicht erlebt.
    Leider wurde das Gashaltevermögen rapide herabgesetzt, was auch nicht gerade ein Vorteil ist. Geschmacklich erinnert das Brot von heute etwas an Sauerteigbrot. Die Kruste wurde um einiges brauner.

    Was mich seit dem ich die 30 Min Methode verwende, sehr verwundert, ist der extrem gute Stand des Brotes. Das hatte ich bis jetzt in der Art auch noch nicht. Freut mich aber sehr. Das KLebergerüst scheint wirklich einiges zu bewirken, obwohl der Teig direkt nach dem Kneten sehr weich und instabil ist.

    Gruss Schwede

  20. Muss mich noch kurz korrigieren.
    Das extreme Geklebe kommt nur durch das lange Kneten zustande.
    Das BBM im Vorteig hatte nur einen leicht säuerlichen Geschmack zur Folge.
    Das Dumme am langen Kneten ist, dass, wenn man gutes Mehl hat, der Teig meinen Beobachtungen nach schneller überknetet ist. Und wenn er dann überknetet ist, hat er so gut, wie keine Spannung mehr (Fladenbrot, hat zwar eine schöne grobe Porung, aber ist flach wie eine Flunder). Und mit strammerem Wirken bekommt man das dann auch nicht mehr hin. Und wenn man dann etwas zu stramm wirkt, hat man nicht einmal mehr eine grobe Porung. Da braucht es nicht viel.
    Wie auch immer, ich bin jetzt wieder auf 8 Min Kneten (5 würden sogar auch schon reichen) runter gegangen und das Brot ist wieder o.k. Mittlegrosse Porung und eine Top Formhaltung.

    Gruss Schwede

  21. Hallo Herr Bäcker Süpke

    Gerne möchte Ihre Baguettes ausprobieren. Leider bin ich ziemlich unerfahren und habe daher noch zwei Fragen. Welche Temperatur sollte der Pouliche haben?
    Und berechne ich 1% Hefe von der verwendeten Mehlmenge , die ich für den Pouliche verwende? z. B. also folglich 100g Mehl, 100g Wasser und 1g Hefe?

    Vielen Dank und einen guten Rutsch ins 2009.

    Christian

    • Hallo Christian,
      je nachdem wie Du den Pouliche behandelst sollte er zwischen 20 und 25 C haben. Wenn Du ihn gleich in den Kühlschrank stellst 25C und wenn Du ihn erst 2-3 h draußen läßt 20C. 1% Hefe von der Mehlmenge des Pouliche ist gut.

  22. Hallo Herr Süpke,
    vielen Dank für die tollen Anregungen, ich habe den Pouliche schätzen gelernt. Habe gestern nach dem Rezept ein Vollkornbaguette gebacken, ist super geworden. Hab einen Teil nach der Anregung nur halb gebacken und eingefroren. Wenn ich die nun fertigbacken will: tiefgefroren in den Ofen, oder angetaut, vollständig aufgetaut? Danke für eine Antwort
    Gruß
    Rudolf

    • Hallo Herr Rudolf (so hieß meine Oma mit Mädchennamen!) es ist beides möglich. Wenn Sie es gefroren backen, dann eben länger (gefroren 25 min, aufgetaut ca. 15)

  23. Danke für die schnelle Antwort
    Gruß aus dem Süden
    Rudolf

  24. […] Pouliche fertig 700 g Mehl 330 ml Wasser 30 g Hefe 1 Tl Salz 1 pr Zucker Bookmarks: Share this post with […]

  25. hallo
    ich würde gerne wissen wieviel vom poolisch vorteig ich pro 1kg 550 wiezenmehl reinmischen muss. und wann ich das
    machen muss.zb du tust erst nach 20min.kneten salz und hefe
    in den teig und kommt der vorteig etwa vorher rein, damit ich ein guten baguette im holzofen backen kann

  26. hallo, bin ziemlich neu in brotbacken und möchte wissen was ist flüssiges backmalz und kann man das selbst machen danke

  27. Hallo baeckersuepke,

    Ich bin begeisterst von Deinen Tipps was die 4-pieces Methode betrifft und auch von Deinen Rezepten. Finde es klasse, dass ein Bäcker Tipps gibt.
    Nun zum eigentlichen….
    Ich esse sehr gerne Ciabatta-Brötchen für mein Leben gern. Als ich noch im Großhandel für Gastgewerbe arbeitete, hatten wir einen industriellen Lieferanten der Ciabatta-Brötchen verkaufte. Mal abgesehen dass es Industrie-Ware war, war die Qualität doch sehr gut. Es war aussen sehr Knusprig, aber nicht so hell wie reines 405er Mehl, hatte einen guten Salz-Gehalt und ein guts Aroma.
    Nun wollte ich fragen ob ich ein Rezept haben könnte, dass man mittels Poolish Ciabatta-Brötchen machen kann.
    Wie lange kann ich denn Frischhefe einfrieren, ohne dass sie kaputt geht?

    Vielen Dank im voraus.

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