Thema Sauerteig #3 Anstellgut und zu versäuerndes Mehl

Marla hat es schon verraten: Je höher die Anstellgut Menge um so schneller läuft der Prozess der Versäuerung ab.

Hier mal zwei gegensätzliche Beispiele, die verdeutlichen was man so alles machen kann.

Berliner Kurzsauer

kommt wie der Name sagt aus Berlin. Er wird verwendet wenn man schnell noch Sauerteig braucht, oder in Betrieben wo viel Sauerteig gebraucht wird. Er ist nämlich schon nach 3,5 Stunden reif und kann dann verarbeitet werden. Ich habe das schon mal ausprobiert. Ich hatte mich am Vortag um einen ganzen Broteig verrechnet. Als ich auf Arbeit kam und den Backzettel las bekam ich Panik. Dann habe ich aber den Sauer vom letzten Brotteig genommen und habe ihn einfach verdoppelt. Also 50% Anstellgut. Nach 3 Stunden war er wunderschön und das Brot war gerettet.

Hier die Parameter:

– Teigtemperatur (TT): 35°C (die sollte gehalten werden! Also verhindern das der Sauer abkühlt. Sonst je 1°C kälter 15 min längere Stehzeit)

– Stehzeit: 3,5h

– Teigausbeute (TA) 200% (Also 1kg Mehl, 1l Wasser)

– Anstellgut (AS) 20% der zu versäuernden Mehlmenge. Also auf ein kg Roggenmehl 200g Sauerteig.

– Mehlmenge:

  • 100% Roggenbrot: 50% des Roggenmehl versäuern
  • 70% Roggenmisch: 57% des RM versäuern
  • 30% Weizenmisch: 61% des RM versäuern

Der Berliner Kurzsauer bildet viel Milchsäure und kaum essigsäure sowie wenig Hefe. das Brot schmeckt sehr mild.

100% Roggenbrot (im Kasten) Berliner Kurzsauer

  • Sauerteig:
  • 275 g RM (z Bsp 25°C warm)
  • 275ml Wasser (laut Bsp 45°C!!)
  • 55g Anstellgut
  • Teig:
  • 275g RM
  • 5g Hefe
  • 11g Salz
  • 159 ml Wasser (15°C denn der Sauer ist ja warm!)

Detmolder Einstufen Sauerteig

mein Lieblingssauer! 🙄

kommt aus…. RICHTIG!!!

– Reifezeit 15-24h (hier sieht man einen großen Vorteil für den Bäcker: Man kann ihn 9h lang verarbeiten, also eine ganze Nacht lang)

– TA 180% (1kg Mehl, 800ml Wasser)

– Anstellgut und Teigtemperatur:

  • 28°C: 2% AS
  • 26°C: 5% AS
  • 25°C: 10% AS

Man kann in der Bäckerei nicht alles kühlen oder erwärmen! Deshalb wird der Sauer auf jeden Fall Raumtemperatur bekommen. Also nehme ich im Sommer 2% AS und im Winter 10%! So kann ich den Sauer wunderbar steuern. Mache ich bei 28°C 10% AS, dann ist der Sauer schon nach 10h reif und nach 15h abgefressen! (Im Sommer machen wir Crasheis an den Sauerteig! Da wir immer 20kg in einer Wanne haben, erwärmt er sich schon allein durch die Enzymtätigkeit)

– zu versäuernde Mehlmengen:

  • 100% Roggenbrot: 35% des RM versäuern
  • 70% Roggenmisch: 40% des RM versäuern
  • 30% Weizenmisch: 60% des RM versäuern

Der Detmolder Sauerteig bringt eine ausgewogene Säure mit und einen kräftigen Brotgeschmack. Wer es noch „rustikaler“ mag, der versäuert mehr Mehl oder führt den Sauer noch kühler!

100% Roggenbrot (im Kasten) Detmolder Einstufensauer

  • Sauerteig:(25°C als Beispiel)
  • 192 g RM (z Bsp 25°C warm)
  • 154ml Wasser (laut Bsp 25°C)
  • 19g Anstellgut (laut Bsp)
  • Teig:
  • 375g RM
  • 5g Hefe
  • 11g Salz
  • 280 ml Wasser (27°C )

Und jetzt ab in den Feierabend Morgen!

20 Antworten

  1. Super, danke!
    Ich gehöre zu den bequemen Hobbybäckern und führe einstufig. Erstaunlich, dass bei einem Temperaturanstieg von nur einem Grad sich die ASG-Menge halbiert.
    Glücklicherweise hab ich das anscheinend wohl immer richtig gemacht. Für 700g ST nehm ich so um die 60g ASG in meiner Küche hats so um die 18-20° und ich lass dem ST gern Zeit.
    Wenns mal schnell gehen soll, nehm ich deine Angaben gern als Richtwerte und versuch mal präziser zu mischen und zu messen ;o)

  2. Die Detmolder Einstufenführung mache ich auch fast immer, habe aber keinen direkten Vergleich zur Zweistufenführung etwa.

    Wäre Type 1150 die richtige Wahl für ein 100%iges Roggenbrot? Habe den Eindruck, dass die Krume doch sehr kompakt wird. Die Körner- und Schrotbrote schmecken bei mir immer besser als jene, die nur mit Type 1150-Mehl gemacht sind.

    Grüße
    Nils

    • Je dunkler das Mehl ist um so saftiger bleibt das Brot. Weil dunkle Mehle mehr Wasser annehmen. Ich nehme nur 997 er RM, weil dann das Brot fluffiger wird…

      • Danke für den Hinweis. Das mit der hohen Wasserannahme ist mir bei einigen Rezepten schon aufgefallen. Bei einem Roggenmischbrot mit 60% Roggenmehl Type 1150 und 40% Weizenmehl Type 550 benutze ich derzeit eine Teigausbeute von 175, so dass der Teig gerade noch genug Stabilität hat, um als freigeschobenes Brot gebacken zu werden.

  3. Lieber Baecker Süpke, Ihr Blog macht mir grosse Freude. Ich wohne in England und Dank Ihrer Formeln habe ich nun Deutsches Brot!
    Ich habe auf www,thefreshloaf.com darüber gebloggt, und viele andere Baecker interessieren sich nun dafür, weshalb im Sauerteigbrot Hefe verwendet wird, und ob man sie weglassen kann.

    Vielen Dank,
    Jürgen

    • Hallo Jürgen!
      Danke für das Lob, das freut mich immer!
      Ich muss das Brot verkaufen. Es muss schön fluffig werden und darf nicht zu sauer sein. Außerdem muss es einem gewissen Ablauf folgen. Bei mir gart das Brot eine Stunde. Sonst haben wir ein Problem mit der Zeit. Deshalb nehme ich 1% Hefe als Unterstützung. (Je nachdem wie der Sauer aussieht, von 0.9 bis 1.5%) Wenn ich natürlich Zeit habe und den Sauer und den Brotteig auf die richtige Temperatur bringe, dann brauche ich auch bei der DEF keine Hefe. Ich schreibe aber hier nach Möglichkeit so wie ich es in der Praxis mache, damit es dann auch bei den Hobbitbäckern funzt.

      • Vielen Dank fuer die Antwort. Ich finde es sehr gut, dass Ihre rezepte gerade so aus der Praxis kommen. Es gibt da viel zu lernen.
        Ich hatte die Vermutung, dass die Hefe mit dem Verarbeitungs-Zeitplan zu tun hat.

        Heute haben wir zum ersten Mal unsere deutschsprachige Nachmittagsgruppe an der Schule meines 5-Jaehrigen gehabt. Ich habe 60% Roggen-Mischbrot und 30% Weizen-Mischbrot nach Ihren Angaben mitgebracht – Der Hit!

        Juergen

  4. Hallo Baecker Suepke,
    ich bin durch Zufall auf diesen Block gestossen und finde ihn recht interessant.
    Ich lebe in Australien und backe meine Brote selber, da es hier wenig vernuenftige Brote gibt. Mein Problem sind die hier angebotenen Mehle. Das Roggenmehl hat gar keine Bezeichnung. Bei den Weizenmehlen gibt es drei Varianten Selfraising, entspricht etwa dem 450, Plain Flour ich denke dem 550 und Wholemeal Plain Flour, keine Ahnung welche Bezeichnung das sein koennte. Nach langen suchen habe ich auch Roggen,-Weizen- und Dinkel-Koerner gefunden die ich selber mahle. Gibt es evtl. eine Methode um diese Mehle zu testen ? Ich backe ueberwiegend Sauerteig-Brote, die mir recht gut gelingen, aber noch nicht perfekt sind, wie kann ich mich verbessern.

    Gruss

    Juergen.

  5. Hallo lieber Bäcker Süpke,

    ich hab jetzt schon div. Foren durchsucht und bin zu keiner befriedigenden Antwort auf mein Problem gestoßen. Du bist jetzt meine letzte Hoffnung, bevor ich das Brotbacken nach vielen erfolgreichen Jahren aufgebe.

    Hier mein Problem:
    mir ist aufgefallen, dass wir kurz nach dem Verzehr der zuletzt gemachten Roggensauerteigbrote (egal ob mit Brühstück, Quellstück, etc. oder ohne) leichte Blähungen bekommen (alle, die davon gegessen haben – Unverträglichkeit damit auszuschließen). Jetzt hab ich vor dem Backen meinen reifen Sauerteig (DEF geführt) mal gekostet und festgestellt, dass er zwar vordergründig sauer schmeckt, aber einen ganz intensiven bitteren Nachgeschmack hat. Hab den Sauerteig entsorgt und bin jetzt ziemlich ratlos.

    Frage 1: ist dieser Nachgeschmack noch ok bzw. woher kommt er? Bring ich den wieder weg oder heißt es, neue Sauerteigkultur ansetzen?
    Frage 2: kann das der Grund für die Blähungen sein und wenn nein, was kann sonst noch falsch sein (bei Brühstücken etc. mache ich immer das ganze Salz mit dran – Buttersäuregärung kann ich an dieser Stelle eigentlich ausschließen).

    Bin für jeden Rat dankbar!
    Michaela

    • Das ist aber schwierig. Um was für Mehl handelt es sich? Ich kann nur tippen: Vielleicht ist das Mehl zu dunkel (Vollkorn) und Du solltest mal heller Mehl nehmen oder die Brote sind zu wenig gebacken? Ich glaube aber nicht das Blähungen durch Fremdgärung entstehen.

      • Mehle verwende ich je nach Rezept immer wieder unterschiedliche Typen, von 960 bis VK. Der Sauerteig, den ich gekostet habe und der bitter war, der war mit 960 geführt, davor allerdings mit VK aufgefrischt. Kann das zum bitteren Geschmack führen und darf der überhaupt sein?

        • Schon mal vorab Entschuldigung für die „Einmischung“ – kann es sein, dass das Mehl überaltert ist?
          Gerade Vollkornmehl enthält ja noch alle Bestandteile, inclusive des fetthaltigen Keimlings.
          Fett jedoch kann ranzig werden und dadurch ist Vollkornmehl nicht so lange lagerfähig und verdirbt schneller, als sonstige Mehle.
          Das schmeckt man als deutliche Bitternote, allerdings auch am gebackenen Brot – gerade Kinder würden dann auch verweigern, das noch zu essen.
          Schon mal dran gerochen? Manchmal weisen auch die Gerüche drauf hin. (Wer jemals mit ranziger Butter zu tun hatte, wird Geruch und Geschmack nicht wieder vergessen, aber auch schneller erkennen, wenn es soweit ist… :mrgreen:)
          Oder Du stippst mal mit der Fingerspitze ein und dann mit der Zunge am Finger kosten. Wenn das deutlich bitter schmeckt – Mehl in die Tonne – dann ist es ranzig. (Ist das Vollkorn i.O. gleiche Probe beim 960er wiederholen – der Verursacher müsste zu finden sein!)

          (Gibt ein altes Sprichwort: Wenn die Mäuse satt sind, schmeckt das Mehl bitter… also diese Eigenschaft kannten schon unsere Altvorderen.)
          Ansonsten einfach mal googlen (Mehl + ranzig) 😉

          • Hallo Heidi,

            danke für den Tipp. Hab mal alle meine offenen Mehle durchgekostet, keines davon schmeckte bitter oder roch schlecht. Ich bin grad dabei, meine Trockensicherung zu aktivieren. Mal sehen, ob das Problem bestehen bleibt und der ST wieder bitter wird. Halt mir die Daumen 🙂

            • Genau – ich hätte jetzt auch gesagt… dann muss wohl ein neuer Ansatz her… bei ner Trockensicherung musst Du ja, zum Glück, nicht bei Null wieder anfangen. Wie schön!
              Ich sag dann mal: toi, toi, toi! 😀 (und halte natürlich die Daumen!)

  6. Guten Tag Herr Süpke.

    Bisher habe ich meinen Roggen-Detmolder immer mit 10 % ASG angesetzt, bei einer gleichbleibenden Temperatur von 26°. Bereits nach 12 Stunden war er fertig. Dann folgte ich einem Tipp und veränderte die ASG Menge auf 5 %, fallend von 30 auf 23°. Doch auch er war bereits nach 12 Stunden fertig, obwohl allgemein eine Reifezeit von 15 Stunden aufwärts angegeben wird. Sorry, aber dazu habe ich gleich mehrere Fragen. 😉

    Sind die 12 Stunden für ein 5 % ASG-ST trotzdem noch okay, oder zu kurz? Raten Sie einem Amateur-Bäcker überhaupt zu fallenden Temperaturen, oder sollte ich es grundsätzlich bei gleichbleibenden Temperaturen belassen, denn letztere wären für mich viel einfacher zu realisieren, vor allem deswegen, weil ich bei fallenden Temperaturen nur deswegen eine Endtemperatur von 23° erreiche, wenn ich die Starttemperatur bei 30° beginne. Mithilfe einer heißen Wärmflasche in einer Thermobox. 😉 Also es ist möglich, trotzdem hätte ich gerne eine Empfehlung von Ihnen. Vielen Dank.

    Gruß, Hans Wichert

    • Hallo Herr Wichert, ich habe ja schon in dem Artikel geschrieben, dass man die Stehzeit über das Anstellgut steuern kann. von 2% bis 10% ist alles drin. Aber wenn es passt nach 12h Stehzeit, spricht nichts dagegen ihn nur 12h stehen zu lassen.
      Je kälter der Sauer ist, desto mehr Essigsäure und desto weniger Hefe entsteht.Wird er wärmer geführt, ist er milder in der Säure und hat mehr Trieb. Das müssen Sie für sich herausfinden.

  7. Danke Herr Süpke, das reicht mir als Antwort

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